Mit den eigenen Produkten Begeisterung beim Kunden auslösen – das ist eine große Herausforderung für viele Unternehmen. Um die Anforderungen der Kunden zu treffen, legt Systems Engineering daher großen Wert darauf, die Bedarfe der Kunden gut zu verstehen. Allerdings fehlt es aktuell noch an konkreten Methoden, Kunden direkt mit in die Produktentwicklung einzubinden. In diesem Artikel bieten wir Ihnen einen Ansatz, um den Endkunden in die agile Produktentwicklung zu integrieren.

Auf einem gesättigten Markt müssen sich Unternehmen behaupten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Kürzere Produktlebenszyklen und eine steigende Produktkomplexität erfordern eine beschleunigte Reaktionszeit auf Änderungswünsche des Kunden. Neuere Entwicklungsmethoden, wie die agile Produktentwicklung verstärken diesen Effekt. Innerhalb von 2 bis 4 Wochen wird ein Sprint in der agilen Produktentwicklung ausgeführt. Dahingegen existieren zur Integration des Endkunden direkte und indirekte Methoden der Kundenintegration, die oft mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Ferner wird die Endkundenintegration häufig der Marktforschung überlassen, wohingegen der Bereich des Ingenieurswesens zwar vor denselben Herausforderungen steht, aber kaum Hilfsmittel zur Kundenintegration kennt. Es fehlt an Methoden den Kunden schnell und direkt in die agile Produktentwicklung einzubinden.

Advanced Systems Engineering und die agile Produktentwicklung

Die zwei Bestandteile Advanced Engineering und Systems Engineering des Advanced Systems Engineering bilden die Basis für Advanced Systems. Das sind komplexe Systeme, die mithilfe von integrativen Systemmodellen des Systems Engineering entwickelt werden und virtuelle sowie physische Produkte umfassen können. Das Advanced Engineering umfasst innerhalb des Advanced Systems Engineering neue Wege, um die Marktleistungsentstehung zu verändern, beispielsweise auch die agilen Produktentwicklungsmethoden. Ziel agiler Methoden ist es, kurzzyklisch einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen und jederzeit auf Änderungen reagieren zu können. Dazu arbeitet ein Team an Aufgaben in Sprints. Diese werden am Anfang des Sprints geplant und nach dem Sprint werden die Ergebnisse demonstriert und reflektiert.

Analyse bisheriger Methoden der Kundenintegration

Eine Analyse von Methoden der Kundenintegration zeigt, dass bestehende Methoden den zukünftigen Herausforderungen des Marktes aktuell nicht gerecht werden. Ein Beta-Test beispielsweise ist vorwiegend auf virtuelle Produkte ausgelegt und kann nur schwer auf physische Produkte angewandt werden. Die Netnography – bestehend aus den Worten Internet und Ethnographie – bezeichnet die Beobachtung des Verhaltens der Kunden im Internet. Diese ist aber oft sehr zeitaufwendig. Eine Auswertung kann sich über mehrere Monaten erstrecken. Eine weitere Methode, die Conjoint Analyse, ist nur bedingt auf alle Phasen des Produktentwicklungsprozesses anwendbar, da diese speziell in den frühen Phasen verwendet wird, um die Beiträge einzelner Features zum Gesamtkundennutzen zu untersuchen. Diese Erkenntnis führt dazu, dass eine neue Methode benötigt wird.

Konzept einer neuen schnellen Methode zur Endkundenintegration

Um den Endkunden in die agile Produktentwicklung einzubinden, bietet es sich an ein weiterführendes Konzept zu entwickeln. Mithilfe eines Softwaretools kann der Endkunde „on demand“ schnell durch eine Befragung integriert werden. Der Anwender der neuen Methode arbeitet optimalerweise in der agilen Produktentwicklung und nah am Produkt. Dabei kann es sich um einen Ingenieur handeln oder einen Designer eines neuen Produktes. Dieser entwickelt in kürzester Zeit einen Fragebogen, den er an eine große Anzahl von Endkunden verschicken kann. Vorab werden Medien, wie Bilder oder Videos aufbereitet und Fragen formuliert, die dem Endkunden innerhalb des Fragebogens präsentiert werden. Nach der Bearbeitung der Befragung durch den Endkunden ist eine Rückführung der Ergebnisse in Echtzeit möglich, um die Auswertung zu vereinfachen. Mithilfe einer API-Schnittstelle können die Ergebnisse direkt in das Projektmanagementtool der agilen Produktentwicklung als neue Aufgaben Anwendung finden oder im nächsten Meeting der agilen Produktentwicklung präsentiert werden.

Agile Produktentwicklung im Überblick
Die praktische Umsetzung anhand eines Beispiels

Die erste Anwendung der Methode im Praxiseinsatz bestätigt ihren Nutzen. Mithilfe von demographischen, qualitativen und quantitativen Fragen wurde eine Endkundengruppe zur Produktstruktur und einzelnen Elementen der Produktstruktur eines smarten Produktes befragt. Von 500 befragten Endkunden antworteten 130 innerhalb der ersten 4 Tage und 94 Endkunden bereits in den ersten 24 Stunden. Bis zu 30 Textantworten pro Anwendungsfall konnten registriert werden und erste Ideen sowie Verbesserungsmöglichkeiten für ein neues Produkt konnten auf diese Weise in die Entwicklung miteinfließen. Die schnelle Umsetzung macht eine mehrmalige Anwendung innerhalb eines Sprints der agilen Produktentwicklung möglich und liefert neue Erkenntnisse zu den Anforderungen des Endkunden für den nächsten Sprint.

Stimmungsbild zur Ergänzung herkömmlicher Methoden

Die Methode eignet sich sehr gut, um Wünsche und Anregungen der Kunden aufzunehmen. Werden diese Ergebnisse gemeinsam mit etablierten Methoden, z.B. zur Produktstrategie und Architektur kombiniert, um eine ausgewogene Balance zwischen den Zielen der Kunden und des Unternehmens zu finden, ist das die optimale Ausgangsbasis für einen Erfolg am Markt. Die Methode dient somit als erstes Stimmungsbild zur Ergänzung herkömmlicher Methoden und liefert einen Beitrag zur schnellen Kundenintegration von morgen, um eine direkte Integration auf Abruf innerhalb der agilen Produktentwicklung zu ermöglichen.

ASE Engineering Produktentwicklung System

Diesen Artikel teilen:
Profilfoto Lynn Humpert
Autor*in des Beitrags: Lynn Humpert Fraunhofer IEM
Zukunftsmeile 1
33102 Paderborn
Deutschland
Fon: +49 (0)5251 - 5465 xxx · E-Mail: