Interdisziplinäres Entwickeln à la VDI 2206: Die Produktentwicklung von ARI-Armaturen war bereits gerüstet für die zunehmende Mechatronisierung seiner Produkte. Mit Methoden des Systems Engineering hat der Hersteller von Industriearmaturen nun einen weiteren Trumpf in der Hand. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM entstand ein detailliertes Bild über künftige Erwartungen an die Industriearmatur und die daraus resultierenden Anforderungen an die Produktentwicklung.

So vielfältig die Einsatzgebiete, so variantenreich ist auch die Produktpalette von ARI-Armaturen. Mehr als 10.000 Produkte in über 100.000 Spielarten stehen zum Regeln flüssiger und gasförmiger Medien zur Auswahl. Der Armaturen-Hersteller aus dem ostwestfälischen Schloß Holte-Stukenbrock bedient die unterschiedlichsten Märkte weltweit, vom Schiffsbau, über die Chemieindustrie bis hin zur Gebäudetechnik. Dabei steht fest: Durch den wachsenden Anteil an Elektronik und Software wird die Komplexität der Produkte aber auch die der Entwicklung künftig weiter zunehmen. 

So vielfältig die Einsatzgebiete, so variantenreich ist auch die Produktpalette von ARI-Armaturen. Mehr als 10.000 Produkte in über 100.000 Spielarten stehen zum Regeln flüssiger und gasförmiger Medien zur Auswahl.
Grafik: ARI Armaturen

Herausforderung Mechatronisierung

Schon heute erzielt ARI-Armaturen einen erheblichen Anteil seines Umsatzes mit Regelventilen. Die Chancen liegen auf der Hand: Intelligente Funktionen tragen zu Energieeffizienz und Benutzerfreundlichkeit bei. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Für die Produktentwicklung bedeutet das vielleicht keinen Dschungel, aber sicher doch einen dichten Wald an Innovationspotential, der zunächst schwer zu durchdringen ist. Welche Features werden durch den zunehmenden Anteil an Elektronik und Software ermöglicht? Welche sind überhaupt nachgefragt? Und was bedeutet das für die Produktentwicklung im Unternehmen? Tragen die derzeitigen Entwicklungsprozesse den neuen Herausforderungen Rechnung oder müssen neue Methoden angewendet werden?

Neue Formen der Funktions- und Strukturmodellierung

Mit diesen Fragen gingen die Ingenieur*innen von ARI in eine Workshop-Reihe, die den Auftakt eines mehrmonatigen Projektes mit dem Fraunhofer IEM bildete. Begleitet durch die SE-Expert*innen beschäftigten sich Fachleute aus Mechanik, Hydraulik und Elektrotechnik in den interdisziplinären Workshops mit neuen Formen der Funktions- und Strukturmodellierung. Denn der Systementwurf komplexer Produkte, darüber herrscht Konsens, ist abhängig von der frühzeitigen Einbindung von Spezialist*innen unterschiedlicher Disziplinen.

Die Fachleute bei ARI lernten die Spezifikationstechnik CONSENS als ein zusätzliches Werkzeug kennen, um der Komplexität der zu entwickelnden Produkte Rechnung zu tragen und eine durchgängige Kommunikation zwischen den Disziplinen zu gewährleisten. Bei ARI schuf das gemeinsame Erarbeiten von Funktionshierarchie, Umfeldmodell und Wirkstruktur des Systems Armatur ein einheitliches Verständnis über das zu entwickelnde Produkt. »Es war spannend zu sehen, dass bei der Analyse unserer Regelventile die verschiedenen Fachleute miteinander kommuniziert und dabei das Gesamtsystem nicht aus den Augen verloren haben. Obwohl der Erste mit der Brille des Elektroingenieurs, der Zweite mit der des Strömungstechnikers und der Dritte mit der der Softwaretechnik draufgeschaut haben,« schildert Dieter Richter, Leiter Konstruktion & Entwicklung bei ARI-Armaturen seine Eindrücke, » Die mechatronische Systembeschreibung diente als Grundlage für unsere weitere Arbeit im Projekt.«  

Es war spannend zu sehen, dass bei der Analyse unserer Regelventile die verschiedenen Fachleute miteinander kommuniziert und dabei das Gesamtsystem nicht aus den Augen verloren haben. Obwohl der Erste mit der Brille des Elektroingenieurs, der Zweite mit der des Strömungstechnikers und der Dritte mit der der Softwaretechnik draufgeschaut haben.

Dieter Richter (ARI Armaturen)

Innovationspotenziale identifizieren und strukturieren

Ganz im Sinne des ganzheitlichen Systems Engineerings wurden die geregelte Armatur und ihre künftigen Features in ihrem Gesamtsystem betrachtet. Mit dem Ziel, Ideen und Lösungsansätze für zusätzliche Funktionen und Anforderungen zu identifizieren, ermittelte das Projektteam zunächst die Erfahrungen und Einschätzungen von Mitarbeiter*innen aus allen Unternehmensbereichen. Experten aus Vertrieb, Service und Entwicklung spielten Anwendungsszenarien zu unterschiedlichen Lebensphasen des Produkts durch. Zum Gesamtsystem gehören auch die Markt- und Technologiebereiche, in denen sich ARI-Armaturen bewegt. Eine Wettbewerbsanalyse sowie das Ermitteln aktueller und absehbarer Markt- und Technologietrends legten weitere Innovationspotentiale offen und vervollständigten die umfangreiche Recherche für die geplante Mechatronikroadmap.

Umsetzungsplanung via Mechatronikroadmap

Ein Ergebnis stand früh fest: Die Anzahl künftiger Features und die damit verbundenen Anforderungen an Regelventile sind groß. Einige Dutzend Innovationspotentiale waren herausgearbeitet worden – allein aus Ressourcengründen nicht sofort und vor allem nicht gleichzeitig umsetzbar. »Hier erfordert die Planung der Weiterentwicklung technischer Systeme ein systematisches Vorgehen. Nach dem Prinzip der Release-Planung muss realistisch eingeschätzt werden, welche Maßnahmen unter welchen Bedingungen und mit welchem Zeithorizont umgesetzt werden können«, erläutert Arno Kühn, Abteilungsleiter Fraunhofer IEM das weitere Vorgehen. Thematisch gruppiert und nach wirtschaftlichen Erfolgsaussichten bewertet, konkretisierten die Projektpartner die Innovationspotentiale zu Produktkonzepten. Diese bilden schlussendlich, strukturiert und priorisiert, einen ausführlichen Leitfaden für die künftige Produktentwicklung des Armaturen-Herstellers.

Mit der Roadmap als Rüstzeug hat sich ARI einen umfassenden Überblick geschaffen, sowohl über den heutigen Stand seiner Produkte, technologische Entwicklungen und die darauf auszurichtenden Maßnahmen als auch über die Anforderungen an seine Produktentwicklung. Systems Engineering wird darin auch künftig eine entscheidende Rolle spielen: Die im Projekt erprobten, interdisziplinären Formen der mechatronischen Systembeschreibung sowie die erarbeitete Lasten- und Pflichtenheftstruktur wird das Unternehmen in eigenen Entwicklungsprojekten anwenden.

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Autor*in des Beitrags: Kirsten Harting Fraunhofer IEM
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