Systems Engineering entwickelt sich seit einigen Jahren vom Nischenthema zum Muss-Faktor in der Produktentwicklung – und das nicht nur in großen Unternehmen, sondern auch im Mittelstand. Doch welche Faktoren sind es, die die Einführung von SE vorantreiben?

Wir bewegen uns in einer Welt, in der sich getrieben durch die Digitalisierung technische Systeme immer schneller entwickeln und dabei immer komplexer werden. Auch im Maschinenbau vollzieht sich der Wandel hin zu intelligenten technischen Systemen, die nicht mehr nur einer Disziplin zuzuordnen sind, sondern ein komplexes Geflecht von Teilsystemen aus verschiedenen Domänen (Mechanik, Elektrotechnik, Softwaretechnik, …) bilden. SE hat den Anspruch, die Komplexität dieser Systeme handhabbar zu machen. Studien und Umfragen zeigen, ebenso wie praktische Erfahrungen, dass folgende Treiber Unternehmen maßgeblich dazu motivieren, SE anzuwenden:

1. Steigende Produktkomplexität

Autonome Systeme, Systems of Systems und interaktive sozio-technische Systeme – in all diesen Begriffen schwingt ein hohes Maß an Komplexität mit, die es zu beherrschen gilt. SE macht Komplexität beherrschbar, betrachtet Systeme als Black Boxes und legt hohen Wert auf die Klärung der Anforderungen. Mit Model-Based Systems Engineering wird das Systemmodell in den Mittelpunkt der Entwicklung gestellt. Durch Systems Engineering-Prozesse und -Denkweisen und das Systemmodell des MBSE wird der Entwicklungsprozess durchgängiger und transparenter. Im Entwicklungsteam wird dadurch ein einheitliches Systemverständnis gefördert.

2. Immer kürzer werdende Innovationszyklen

Eine Folge der Digitalisierung sind immer kürzer werdende Innovationszyklen. Um auf dem Markt gegen Mitbewerber bestehen zu können, muss ein System schneller und effizienter entwickelt werden. Dies kann nur durch domänenübergreifende Zusammenarbeit bereits ab der frühen Phase der Entwicklung gelingen. SE bietet dafür Methodenbausteine und Best Practices, um von der Anforderungserhebung bis zur Validierung des Systems einen durchgängigen Entwicklungsprozess zu gestalten. Ein Mehrwert: Zeitpläne können besser eingehalten werden, Verzögerungen im Projektverlauf werden seltener.

Ein Überblick über die 5 wichtigsten Treiber im Systems Engineering
3. Die Notwendigkeit interdisziplinärer Kommunikation & Durchgängigkeit

Domänenübergreifende Zusammenarbeit erfordert Kommunikation und Transparenz zwischen den Entwicklern der einzelnen Disziplinen. Um ein einheitliches und vor allem ganzheitliches Systemverständnis zu schaffen, ist eine durchgängige Dokumentation des Entwicklungsprozesses notwendig. In vielen Bereichen werden die Prozessschritte und -ergebnisse aber noch unzureichend dokumentiert oder das Wissen nicht allen Beteiligten zugänglich gemacht. Mithilfe von SE-Methoden und MBSE-Modellen kann die Durchgängigkeit der Dokumentation erhöht werden, indem Verbindungen zwischen Anforderungen und Funktionen, Funktionen und Komponenten etc. gezogen werden. Zudem nutzen die beteiligten Disziplinen beim Einsatz von MBSE eine gemeinsame Sprache, was Missverständnisse reduziert.

4. Das Dilemma: Qualität erhöhen vs. Kosten senken

Das Optimierungsproblem: „Wie erhalte ich eine möglichst hohe Produktqualität bei möglichst niedrigen Entwicklungskosten?“ ist eine zentrale Frage des Projektmanagements. Mit der frühen Validierung des Systems, der Verifikation der Anforderungen an das System und der modellbasierten Dokumentation durch die Anwendung von SE können sowohl die Produktqualität gesteigert als auch kostenintensive Designänderungen in der späten Phase der Entwicklung reduziert werden.

5. Die Kreativität (der Mitarbeiter) fördern

Neue Produkte brauchen Innovation. Innovation braucht Kreativität und genau diese Kreativität wird beim Einsatz von SE gefördert. Zwei wesentliche Bestandteile des SE sind das Systemdenken und das Denken in Varianten. Gestützt durch Methoden wie CONSENS können die Systementwickler komplexe Zusammenhänge schneller verstehen und neue Lösungen entwickeln. Durch die Anwendung von SE lernen die Entwickler, sich von alten Denkweisen und Lösungsvarianten zu lösen und das System ganzheitlich zu betrachten. Besonders wichtig: Bevor Lösungen gesucht werden wird zunächst das zu lösende Problem genau verstanden.

Schlussendlich hat jedes Unternehmen eigene Gründe Systems Engineering einzuführen. Spätestens, wenn Sie sich bei den 5 genannten Punkten wiederfinden, kann Systems Engineering für Sie spannend sein. Warum Systems Engineering für andere Unternehmen bereits ein Muss-Faktor ist, können Sie hier erfahren.

Haben Sie Interesse an einer wissenschaftlichen Perspektive auf die Motivation von Systems Engineering? Dann empfehle ich Ihnen folgende Lektüre: Eric Honour: Systems Engineering Return on Invest oder die Studie: Systems Engineering in der industriellen Praxis

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Autor*in des Beitrags: Lukas Bretz Fraunhofer IEM
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